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der Marke ABARTH

Abarth Insider

 
Thomas Suter von zwischengas.com sprach im Frühjahr 2019 mit Franz Steinbacher über dessen Verbindung zu Abarth. Der Artikel wurde am 9. Mai 2019 online gestellt.
 

Franz Steinbacher - Abarth-Insider

„Was machst Du jetzt? Geh zu Signora Isandoro, sie soll den Vertrag vorbereiten, erledige Deine Dinge in Wien, dann komm im Januar zurück nach Turin“, lautete die Anweisung von Signore Carlo (Karl) Abarth, der seine Mitarbeiter duzte, oder manchmal auch in der dritten Person ansprach, sich aber immer mit „Sie“ ansprechen liess. Dann noch der Nachsatz „schöne Weihnachten“.

steinbacher franz historie 155Es war der Beginn von fünf Jahren Zusammenarbeit, die den Wiener Franz Steinbacher bis heute prägten, fünf Jahre mit unzähligen Geschichten und Anekdoten und fünf Jahre, an die er sich bis heute gerne zurück erinnert! Steinbacher ist heute einer der grössten Abarth-Kenner in der internationalen Oldtimer-Szene.

Solitude 1963, Franz Steinbacher erzählt: „ Auf der Anfahrt nach Stuttgart verreckte der LKW, wir kamen zu spät – es war nicht möglich, das Freitags-Training zu fahren. In Engelbert Mölls Simca-Abarth 1300 war ein neues 6-Gang-Getriebe eingebaut, ebenso ein Sperr-Differential – nur sagte das dem Solothurner Rennfahrer niemand. Als er aus den Boxen wegfahren wollte und sich durch die Gänge sortierte, fand er zuerst den Rückwärtsgang nicht, dann kehrte er nach zwei Runden irritiert an die Boxen zurück und reklamierte ein blitzartig auftretendes Übersteuern, das er bis danhin an seinem Rennwagen nie registriert hatte.

Nach dem beruhigenden Hinweis der Mechaniker auf das neu eingebaute Differential kehrte er wieder auf die Rennstrecke zurück, in der Hektik unangeschnallt, fuhr in der zweiten Runde eine nur um vier Zehntel langsamere Zeit als Hans Hermann, dann: nach drei Runden blockierte genau dieses Sperr-Differential und führte zu einem verheerenden Unfall. Mölls Simca-Abarth flog mit über 200 km/h in den Wald und zerbarst buchstäblich in seine Einzelteile. Möll wurde aus dem Auto herausgeschleudert und überlebte mit gequetschten und gebrochenen Brustwirbeln – nach langem Spital-Aufenthalt war seine Karriere als junger Abarth-Werkspilot und als einer der Schnellsten im GT-Sport beendet.“

Carlo Abarth: König der kleinen Wagen

Der gebürtige Wiener Karl Abarth, oder Carlo, wie er sich später in Turin nannte, wurde Franz Steinbacher quasi in die Wiege gelegt. Sein Vater und dessen Bruder, eigentlich aus der Wiener-Gastro-Szene stammend, hatten sich früh dem Automobil, und dann möglichst einem Schnellen, verschrieben. Sie hatten auch immer schon enge Kontakte zu Abarth. 

Für Cisitalia (die Restanzen des zahlungsunfähigen Piero Dusio übernahm Carlo Abarth) und dann mit den Abarth-Automobilen waren Steinbachers Generalimporteure für Österreich mit ihrer Garage an der Walfischgasse in Wien. Zu diesen beiden Marken gesellten sich im Laufe der 60er-Jahre noch die sportiven Brands „Alfa Romeo“ und „Maserati“ hinzu.

steinbacher josef cisitaliaDie Steinbacher-Brüder und Abarth kannten sich seit den wilden Dreissigerjahren aus der Wiener Motorradrennsport-Szene. Als Bub durfte Franz mit zu den Rennen, als der Rennsport nach dem Krieg wieder aus dem Dornröschenschlaf erwachte, dort wurde auch er mit dem Rennsport-Bazillus infiziert!

Nach dem Besuch der Mittelschule führte sein Weg über eine Automechaniker-Lehre bei GM  in Wien direkt nach Turin zu Abarth. „Willst Du für ein Volontariat zu mir kommen“, lautete die wohl nur rethorisch gedachte Frage des Motorenkünstlers an den jungen Automechaniker. Und ob der wollte!

An Weihnachten 1962 war die Praktikumszeit allerdings bereits durch und dann kam die eingangs erwähnte Frage: „Was machst Du jetzt?“.  Steinbacher, überrascht und glücklich, folgte dem Rat von Carlo Abarth und ging schnurstracks ins Büro zu Signora Isandoro. Sie war die perfekte Vorzimmerdame, immer eine Marlboro im Mundwinkel, ab und zu genehmigte sie sich auch verschämt einen Schluck Whisky aus einer sonst diskret versteckten Flasche. Ihr Büro war ein Bollwerk. Wenn sie nicht wollte, erreichte kein Mensch die Räumlichkeiten von Carlo Abarth.

In der Abarth-Rennabteilung lernte Steinbacher die grossen Cracks der damaligen Zeit kennen. Paul Frère, Le Mans-Sieger 1960 und spätere Edelfeder setzte sich (oder vielmehr: durfte sich) ebenso ins Abarth-Cockpit setzen wie Hans Hermann, Kurt Ahrens, Jochen Neerpasch, Klaus Steinmetz, Johannes Ortner, Ernst Furtmayr, Arturo Merzario, Teddy Pilette oder der junge Schweizer Tommy Spichiger. Auch Jochen Rindt bewegte bei einigen Rennen in Aspern einen Abarth. Und, was wahrscheinlich nicht mehr viele wissen: Das allererste GT-WM-Rennen der Saison 1962 in Sebring gewann ein gewisser Bruce McLaren in einem Bialbero-Coupé…

Hart und grosszügig

A-propos „durfte sich setzen“: Der immer perfekt in Anzug und Krawatte gekleidete und dem guten, üppigen und lange andauernden Essen nicht abgeneigte Abarth erachtete es als Privileg seiner Piloten, dass die sich in das Cockpit seiner Rennwagen setzen durften. Eine kleine Beschädigung oder gar einen Unfall seiner Autos nahm Abarth als Attacke auf seine persönliche Integrität wahr! Es gab aber eine Ausnahme: Abarth war nicht nur ein guter Konstrukteur, sondern auch ein Rennfahrer mit einem schweren Gasfuss, wenn’s drauf an kam.

„Als er sich wieder einmal hinters Lenkrad setzte, ging ihm bei der Boxeneinfahrt die Strasse aus und der Rennwagen wurde etwas verformt. Als er merkte, dass ein Photograph die Szene festhielt, setzte er sofort alles daran, die Negative aufzukaufen – nur damit niemand von seinem Ausrutscher erfuhr, und schon gar nicht seine Piloten…“, erinnert sich Steinbacher und fährt fort: "Gegen aussen wurde Abarth als hart wahrgenommen, in Wahrheit hatte er einen sehr weichen und gegenüber seinen Mechanikern einen geradezu  grosszügigen Kern“. Die gesamte Mechaniker-Crew tafelte jeweils ausgiebig auf Einladung Abarths an  langen Tischen.

Das “Nebengeschäft”

Carlo Abarth setzte nicht nur auf die Karte „Rennwagen“. Ein cleverer Schachzug sicherte ihm ein zweites, wichtiges Standbein. Er setzte Lorenzo Avidano darauf an, auszurechnen, wie viele Auspuff-Anlagen pro Jahr in Italien und dann europaweit benötigt wurde. Sein nachmaliger Rennleiter startete eine Umfrage bei den italienischen Garagisten, nach drei Wochen hatte er 1000 Stück beisammen.

Abarth startete die Produktion. In Spitzenjahren betrug der Ausstoss über 230’000 Stück pro Jahr! Abarth schaffte es, dass „seine“ Auspuffe nicht nur in Autos eingebaut wurden, sondern auch Schaufenster von High-End-Mode-Boutiquen und gar Delikatessen-Läden zierten…

Aufstieg zum Chef-Mechaniker

Steinbacher Franz und Vincenzo ArenaFür Steinbacher, im Januar 1963 in Turin angekommen, ging es darum, die im Praktikum gesammelten Brocken Italienisch möglichst schnell auf ein passables Niveau zu steigern: „Innerhalb von sechs Monaten ist mir das gelungen“. Mit Deutsch als Muttersprache, Englisch und neu Italienisch wurde er auf dem Rennplatz trotz seines jugendlichen Alters als Sprecher und Organisator für die Scuderia Abarth eingesetzt: „Ich lief immer mit einem grossen Bündel Notengeld herum. Ich musste ja Hotel, Essen und weitere Auslagen berappen.

Am Montag hatte ich gleich am Morgen bei Signorina Zamara anzutreten und auf die Lira genau abzurechnen. Sie war von vollbusiger, imposanter Gestalt und reklamierte grossen Respekt von allen, die mit ihr zu tun hatten. Und sie nahm es sehr genau mit der Kontrolle der Abrechnungen, auch und gerade, wenn Arturo Merzario wieder mal ihr Büro aufsuchte“.

Der aus Como stammende Italiener war bekannt, ein Schlitzohr zu sein, hatte gegen die energische Signorina aber keine Chance! Und das Talent als Mechaniker wurde Mitte Saison 1963 mit der Beförderung zum fallweisen Chef-Mechaniker belohnt. Steinbacher war fürderhin für das Auto von Paul Frère verantwortlich, für das 12-Stunden-Tourenwagen-Rennen am Nürburgring war es ein Fiat 2300-S-Coupé-Abarth.

Über 7000 geldwerte Rennsiege für Abarth

Die knausrige Signorina Zamara war sehr wichtig für Abarth, denn der war nicht nur ein guter Motoren- und Rennwagenbauer, er war auch sehr geschäftstüchtig und froh, um seine erbsenzählende Buchhalterin. „Bereits in den 50er Jahren konnte Abarth das Mutterhaus Fiat davon überzeugen, ihm für einen Sieg jeweils umgerechnet rund 7000 Franken auszuzahlen“, schildert Steinbacher.

Fiat versäumte es, den Begriff „Sieg“ sauber zu definieren, Abarth nutzte diese Lücke im Vertrag zu seinen Gunsten. „Rennleiter Lorenzo Avidano hatte am Montag nach den Rennwochenenden jeweils alle Hände voll zu tun, um weltweit von den Händlern die Sieg-Meldungen zusammen zu tragen. Abarth taxierte nämlich auch Klassensiege als Erfolge – in der Zeit von 1956 bis 1971 kamen so eine ganze Menge erster Plätze zusammen, mehr als 7000! Dies ergab regelmässig eine schöne Rechnung an Fiat“, schmunzelt Steinbacher.

Der misslungene Aufstieg in die Königsklassen

In den sechziger-Jahren gab es nur sehr wenige Kategorien, an denen kein Abarth am Start war. In der Turiner Rennabteilung am Corso Marche wurden aber für einen Formel-1-Rennwagen ebenso Ideen gesammelt, wie für einen „grossen“ Sportwagen, um gegen Ferrari und Porsche auch in der Markenweltmeisterschaft eine Chance zu haben.

Im März 1967 startete Abarth das grösste seiner Projekte: Ein Prototyp, intern mit T 140 bezeichnet, wurde auf Kiel gelegt. Bei Prüfstandmessungen erreichte der 6-Liter-V12-Motor mehr als 600 PS, ein für die damalige Zeit schlichtweg imposanter Wert. Auch optisch war der Renner eine Wucht und musste sich hinter den aktuellen Ferrari- oder Porsche-Modellen keineswegs verstecken. „Das böse Erwachen kam dann unmittelbar nach den 24-Stunden von Le Mans im Juni. Die FIA beschloss, den Hubraum für die 68er-Saison auf 3000ccm zu begrenzen, Abarth liess sofort sämtliche Arbeiten an seinem Rennwagen einstellen“, erinnert sich Steinbacher.

Auch das Formel-1-Projekt brachte Abarth kein Glück. Ende der 60er Jahre wurde an einem 3-Liter-V8-Triebwerk gearbeitet, das Projekt aber wie bereits beim Sportwagen auch, wieder eingestellt.

Ab 1971 folgte langsam der Epilog der zwei Jahrzehnte erfolgreichen Firma. Abarth verkaufte die Namensrechte an Fiat, die glücklich waren, die enormen Siegprämien nicht mehr zahlen zu müssen. Der Turiner-Grosserien-Hersteller verscherbelte nach und nach den ganzen Bestand der Turiner-Manufaktur.

Enzo Osella hielt das Erbe noch einige Jahre aufrecht und konstruierte Rennwagen unter der Bezeichnung Abarth-Osella, Fiat lancierte Sondermodelle wie den Fiat 124 Spider-Abarth und weitere Derivate, die vor allem im Rallye-Sport eingesetzt wurden.

Familienerbe

Für den Wiener war nach der Saison 1968 Schluss in Turin. Sein Onkel hatte einen schweren Unfall, sein Vater war schon sehr früh verstorben. Steinbacher führte zusammen mit dem Onkel den Autosalon in der Walfischgasse und die Garage in Wien-Favoriten noch rund 30 Jahre weiter, ab dem Jahre 2000 wurden nach und nach die Betriebsstätten bis auf eine Sektkellerei in Wolkersdorf im Weinviertel verkauft.

Heute hat Steinbacher zusammen mit seiner Frau Riki ein Sachverständiger-Büro für Oldtimer in Wolkersdorf, mit perfektem Blick aus dem Bürofenster auf seine eigenen Pretiosen. Ab und zu wird die kleine Halle ausgeräumt und Feste und Jubiläen gefeiert, wie letztes Jahr „110 Jahre Carlo Abarth“. Dem nach Turin emigrierten Österreicher ist Steinbacher dankbar, „eine der spannendsten Epochen des internationalen Rennsports miterlebt zu haben“.

Die Autos von Franz Steinbacher

Franz Steinbacher und seine Autos – ein spezielles Kapitel. „Mein erstes Auto habe ich geschenkt bekommen, genau genommen war’s gar kein Auto, denn der Motor des Austin A30 war kaputt“, schmunzelt er. „Und himmelblau war es zu allem Unglück auch noch“, fährt er fort. Die Strecke Wien – Turin legte er dann in einem Renault 4CV zurück, „natürlich immer mit Vollgas“, wie er unnötigerweise erwähnt, denn dies setzt man bei ihm voraus.

Dann rüstete der Wiener auf. Sein drittes Auto war wiederum ein Franzose, diesmal aber ein Simca Chambord mit einem imposanten V8-Motor. Im barock-geformten Modell werkelte ein 2.4-Liter-Ford Motor mit 84 PS, „die aber immerhin für knapp 160 km/h Spitze gut waren“, erinnert er sich.

Im zivilen Leben lenkt er heute einen Mercedes 250 GLC, mit Anhängerkupplung, versteht sich. Steinbacher gehört zu den Glücklichen, die ihre Traumautos gleich in der eigenen Garage stehen haben: Ein Ferrari 512 BB, einen Alfa Romeo Quattroruote 4R Zagato und einen Alfa Romeo 1300 Junior Zagato! Und dann schwirrt ihm momentan die Idee im Kopf herum, noch einen Cisitalia Barchetta aufzutreiben, zu restaurieren und im historischen Rennsport einzusetzen. Der Bazillus aus den Jugendjahren ist halt immer noch aktiv…

 

 Stand: September 2019

 

 

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